Wir arbeiten mit drei Zugängen, die uns eine erfolgreiche Beurteilung von Schriftstücken aus verschiedenen Blickwinkeln gestatten. Ist ein Weg nicht begehbar oder ein Zugang blockiert, dann nutzen wir den nächsten, um zu einem gerichtsverwertbaren Ergebnis zu gelangen. Die Wissenschaften zum Beschreiten dieser drei Wege oder Zugänge heißen Sprachwissenschaft, Psychologie und Kriminalistik.

Um die Individualität eines Autors zu erfassen, genügt es nicht, dessen Text nur auf den klassischen Analyseebenen zu analysieren. Auch die verschiedenen Teildisziplinen der Linguistik müssen genutzt werden: die Fehlerlinguistik, Soziolinguistik, Neurolinguistik und insbesondere die Psycholinguistik, die viele Überschneidungen mit der Sprachpsychologie hat. Dadurch ergibt sich auch ein Zugang zur Psychologie.

Das Sprachprofiling nutzt neben der Linguistik vorwiegend Verfahren und Methoden der Motivations- und Wahrnehmungs-Psychologie. Anders als bei anderen stehen bei uns im Zentrum des Interesses nämlich nicht beweiserhebliche Texte, sondern die Autoren hinter diesen Texten – mit ihrem Individualstil und ihrer gesamten Persönlichkeit. Dies gilt erst recht für unsere Glaubhaftigkeitsanalysen.

Die Inhalte anonymer Schreiben erfüllen häufig einen oder mehrere Straftatbestände. Tathergänge und Tathandlungen sind folglich auch aus kriminalistischer Sicht zu rekonstruieren und einzuschätzen. Daher sehen wir den Standort zumindest der Autorenbestimmung als Nachbardisziplin der Schriftuntersuchung und der Sprechererkennung in der Kriminaltechnik (Drommel, Sprachprofiling, S. 45).